Tschechen brauen Lausche-Bier
Zdroj: Sächsische Zeitung | 15. 01. 2015
Cvikov (Zwickau in Böhmen). In Cvikov wurde eine alte Brauerei wiederbelebt. Die erste Brauladung war im Nu verkauft.
VON KATJA ZIMMERMANN
Sack reiht sich an Sack. In das turmähnliche Gebäude der Brauerei von Cvikov (Zwickau in Böhmen) ist endlich wieder Leben eingekehrt. Hier oben unter dem Dachstuhl wird das Malz in den großen Trichter geschtüttet, damit es in der Schrotmtühle darunter ankommt. „Wir beziehen unser Malz aus Mähren", erklärt Brauereichef Viktor Tkadlec und blickt aus dem Fenster. In den Nebengebäuden darunter gab es vor einigen Jahren sogar mal eine Champignon-Zucht, erzählt er. Aber auch als Autowerkstatt und Disco war der bis vor wenigen Monaten noch baufällige Gebäudekomplex schon genutzt worden.
Die Bierbrautradition in Cvikov geht bis in das Jahr 1560 zurück. Damals stand die Brauerei noch am Marktplatz. In der dann 1866 neu gebauten und im Laufe der Jahrhunderte mehrmals modernisierten Brauerei war im November 1967 das letzte Mal Bier gebraut worden.
Am 29. November 2014 begann nun mit dem ersten Bieranstich offiziell die neue Ära des traditionsreichen Gebäudes mit den drei Biersorten Luž (Lausche, zehn Prozent Stammwürze), Klíč (Kleis, zwölf Prozent Stammwürze) und Sklář (acht Prozent Starnmwürze). lm neuen Abfüllraum der Brauerei stehen viele leere Fässer, in einer Ecke drei große Säcke mít Verschlussdeckeln für die PET-Flaschen. „Die blauen sind für unser Klíč-Bier, die roten für das Luž und die gelben für das Sklář-Bier", erklärt Jiří Jakoubek, der Investor. Warum die Biersorten ausgerechnet nach zwei Bergen benannt worden sind, geht auf die Namensbezeichnung des Cvikover Biers vor dem Krieg als „Kleisbräu" zurück. Der Kegelberg Kleis, tschechisch Klíč, befindet sich schließlich unmittelbar westlich des Ortes Cvikov. Der Ort liegt etwa acht Kilometer südlich von Waltersdorf und dem Berg Lausche, tschechisch Luž, entfernt. Das „dünne" Sklář (Glasbläser)-Bier ist für die Glasbläser in der Region gedacht. Dieses Erzeugnis hat in Tschechien mittlerweile Seltenheitswert, in der Region von Česká Lípa (Böhmisch Leipa) wird es sogar nur noch in Cvikov gebraut.
Die zwei großen kupfernen Braukessel glänzen. „Wir haben die Kessel von einer Brauerei in Bayern erworben, die geschlossen worden war", erzählt Viktor Tkadlec. Die lnstandsetzung des Gebäudeensembles hatte bereits vor einem Jahr begonnen. Jiří Jakoubek, der durch sein Studium selbst vom „Bier-Fach" ist, war eher durch Zufall zum Investor geworden: Ihm tat leid, dass so viele Brauereien in der Region verwaist sind, und die in Cvikov stand zum Verkauf. Kurzerhand tat er sich mit seinem Studienkollegen Viktor Tkadlec zusammen, der nun fast jeden Tag aus Prag zur Arbeit in Cvikov pendelt. Instand gesetzt werden die Gebäude nach und nach. lm Moment ist erst einmal alles fertig restauriert und vervollständigt, was zum Bierbrauen gebraucht wird - einschließlich eines gemtütlichen Restaurants. Das Bier geht vor allem in Fässern an Gasthäuser in die Umgebung. Auch in deutschen Orten hinter der Grenze wollen es die beiden Männer anbieten.
„Doch da war unsere erste Brauladung aber schon ausverkauft", erzählt Jiří Jakoubek schmunzelnd Eine große Überraschung. lm brauereieigenen Restaurant findes dampfen Gulasch, Speckknödel oder andere böhmische Spezialitäten auf den Tellern. Doch es sei bei der Mentalität der tschechischen Kunden schwierig, profitabel zu wirtschaften: Gute Lebensmittel seien zwar genauso teuer wie im nahen Deutschland, die meisten Tschechen seien aber oft nicht bereit, für qualitativ hochwertige Speisen mehr zu bezahlen, als sie es von tschechischen Kneipen gewohnt sind.
Jiří Jakoubek hat den Schritt aber trotzdem gewagt: „Eine Brauerei ohne Gaststätte ist nun mal wie ein Auto ohne Kofferraum", sagt er.Jetzt sorgen hier zwei Köche und zwei Küchenhilfen für tschechische Gaumenfreuden.
Foto (Jan Skvára):
Brauereichef Viktor Tkadlec steht vor einem der zwei Braukessel in der Brauerei von Cvikov. Gemeinsam mit Investor Jiří Jakoubek sorgt er dafür, dass die hiesige Tradition des Bierbrauens fortgesetzt wird.